Dreijähriges Felchen Fangverbot

Stellungnahme vom Württembergischen Fischereiverein am Bodensee zum Fangverbot

zdf planet e

Liebe Freunde und Unterstützer vom Bodensee,
am Sonntag, 17.April 2016 um 14.40 Uhr sendete das ZDF im Rahmen der Sendung Planet E eine 30-minütige Fernseh-Dokumentationssendung von den Problemen der Fischerei am Bodensee. In der Dokumentation wird auch eingehend auf unsere Internationale Aktion "Rettet den Bodensee - Ein Juwel hungert" eingegangen.

Wir danken dem Redaktionsteam von Planet E für einen sachlichen, fairen Bericht zur Lage der Fischerei und des Zustandes des Bodensees.

Nur mit einem breiten Druck aus der Bevölkerung erreichen wir ergebnisoffene Gespräche die die Politik bei allen zuständigen Verbänden/Behörden auf sach- bzw. fachlicher Ebene einfordern muss.

Auch die Gastronomie/der Tourismus ist betroffen, wie es der Beitrag von Thomas Valtin in der Stuttgarter Zeitung vom 11. April 2016 darlegt.

Die Berufsfischer haben einiges bewegt, aber für uns Praktiker geht dies alles viel zu langsam, dem Nachwuchs fehlt jegliche Perspektive, es ist bereits 5 Minuten nach 12. Wenn nicht schnell gehandelt wird, stirbt nicht nur ein traditioneller Berufsstand aus, sondern auch der Bodensee als regionaler, biologisch nachhaltiger Lebensmittellieferant.

Es lohnt sich also weiter hartnäckig weiter zu kämpfen.
Bitte helft alle weiter mit! Danke.

 

Das neue Plakat der Berufsfischer

Heute sind über 60 Prozent der am Bodensee verkauften Süßwasserfische Migranten. Helfen Sie mit, den Irrsinn zu stoppen und machen Sie sich stark für ein einzigartiges, regionales und biologisch erzeugtes Lebensmittel aus nachhaltiger Bodenseefischerei.

Eine Perspektive für den Bodensee!

Von Manfred Braun- ehemaliger Bevollmächtigter IBKF
Der Bodensee macht auf den unbefangenen Betrachter einen gesunden Eindruck. Er liefert einwandfreies Trinkwasser. Wassersportler und Erholungssuchende finden eine Palette von Möglichkeiten und ungetrübten Naturgenuss – wenn nicht ausnahmsweise einmal eine Grünalgenplage stört. Andererseits klagen die Berufsfischer: Seit 10 Jahren gehen die Fänge deutlich zurück. In den letzten Jahren brechen sie dramatisch ein, so dass die Existenzgrundlage der Fischerfamilien in Gefahr ist. Es scheint absehbar, dass die Gastronomie bald keine echten Bodenseefelchen mehr servieren kann. Was läuft schief?

Problemskizze
Die Region mit dem Bodensee in ihrer Mitte ist eine Kulturlandschaft. Das hat Folgen, auch für den See. Man erinnert sich: Starke Nährstoffeinträge führten vor rund 40 Jahren zu einer gefährlichen Eutrophierung mit einer übermäßigen Zunahme der Biomasse im See. Die Berufsfischer gehörten zu den ersten, die eine Senkung des Phosphatgehalts forderten. Diese ist dann auch sehr erfolgreich realisiert worden. Die Ausfällung des Phosphats durch die Kläranlagen läuft derart effizient, dass der Phosphatgehalt im Bodensee heute bei 6 Mikrogramm pro Liter liegt. Ein Wert, der das Wachstum von Pflanzen und in der Folge der wichtigen Fischnährtiere stark reduziert. Hat man hinreichend berücksichtigt, dass Phosphat ein lebenswichtiger Nährstoff ist?

Typisierung des Bodensees
Die Befürworter einer ungebremsten Absenkung des Phosphatgehalts erklären mit großem Nachdruck: Es gibt keine Alternative. Sie verweisen dabei auf die Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL). Diese fordert, eine Verschlechterung des Gewässerzustands zu vermeiden und Verbesserungen herbeizuführen. Ziel ist ein „guter Zustand“, der durch einen guten ökologischen und chemischen Zustand des Gewässers gekennzeichnet ist. Jede Anhebung des Phosphatgehalts, auch im Zuge eines behutsamen Managements, ist aus Sicht der „Puristen“ eine Verschlechterung. Das soll ungeachtet der Tatsache gelten, dass eine vorsichtige Anhebung, etwa auf 10 bis 12 Mikrogramm Phosphat pro Liter, einen guten Zustand der Wasserpflanzen und der Fischfauna überhaupt nicht beeinträchtigen würde.

Um zu klären, was den guten Zustand ausmacht, muss diese Zielsetzung genauer umschrieben werden. Deshalb verlangt die WRRL eine Bewertung des betreffenden Gewässers, hier des Bodensees. Der See ist einer bestimmten Kategorie (Seetyp) in der Ökoregion 4 – Alpen – zuzuordnen. Mit dieser Aufgabe waren Fachleute verschiedener Richtungen intensiv und längere Zeit befasst. Schließlich hat man den Bodensee in die Kategorie „Alpensee“ eingeordnet. Damit sind Argumente, die aus biologischer Sicht eher für die Kategorie „Voralpensee“ gesprochen hatten, nicht zum Zug gekommen.

Bewertung als Alpensee
Grundlage für die Umschreibung des „guten Zustands“ ist seither die Typisierung des Bodensees als Alpensee. Die Kriterien für die Bewertung ergeben sich aus Anlage V Nr. 1.2.2 WRRL. Als biologische Qualitätsmerkmale sind Phytoplankton und andere Wasserpflanzen, wirbellose Tiere und Fische genannt. Zu den physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten gehören insbesondere evtl. Belastungen mit spezifischen Schadstoffen (die hier keine Rolle spielen) und die Nährstoffkonzentration. Um den Zustand des Bodensees zu bewerten, ist mit Blick auf die genannten Qualitätsmerkmale ein Vergleich zu ziehen: Die aktuelle Beschaffenheit des Sees ist einem weitestgehend unbeeinflussten Gewässer desselben Typs (Referenzgewässer) gegenüber zu stellen.

Betonung des Phosphatgehalts
Hier zeigt sich ein Problem: Bezogen auf die zentralen biologischen Komponenten „wirbellose Tiere“ und vor allem „Fische“ ist ein überzeugender Referenzzustand nur schwer feststellbar. Betrachtet man den Fischbestand, dann ist der Bodensee eben kein typischer Alpensee. Er lässt sich deshalb einem unbeeinflussten Gewässer des Typs „Alpensee“ nicht sicher zuordnen. Jedenfalls sind die Ansätze der Pflanzenexperten bzw. der Limnologen einerseits und der Fischbiologen andererseits kaum miteinander vereinbar. Dieses Dilemma erklärt ein wenig, weshalb dem Phosphatgehalt des Bodenseewassers, also einer chemischen Komponente, ein so hohes Gewicht zufallen konnte. Für diesen Stoff – nach der WRRL ein „Schadstoff“ und zugleich ein unverzichtbarer Nährstoff – konnte nämlich ein Referenzwert gefunden werden: Im sehr guten Zustand sollte der Phosphatgehalt eines Alpensees nicht höher als 6 Mikrogramm pro Liter liegen. Auf dieses Niveau ist das Phosphat im Bodensee inzwischen abgesenkt worden. Bezogen auf Phosphat befindet sich der Bodensee daher in einem sehr guten Zustand. Dieser wird aus limnologischer Sicht somit gekennzeichnet durch eine extreme Nahrungsarmut. Dem Nährstoffmangel entspricht ein Fischbestand, der sich nach Häufigkeit, Altersstruktur und Ernährungszustand in einer beklagenswerten Verfassung befindet – Beispiel: Bodenseefelchen. Ein Endzustand ist nicht absehbar. Zur Rettung des Fischbestands fordern die Bodenseefischer eine maßvolle Anhebung des Phosphatlevels. Diese würde aber, gemäß dem Ansatz „Alpensee“, ein wesentliches Qualitätskriterium vom sehr guten auf einen nur noch guten Zustand herunterdrücken. Das wäre eine „Verschlechterung“ des Gewässerzustands und daher mit der WRRL nicht zu vereinbaren.

An dieser Stelle drängen sich Fragen auf: Ist es unabdingbar oder auch nur zu vertreten, bei der Bewertung des Bodensees dem Nährstoffgehalt die Schlüsselfunktion einzuräumen? Kann es richtig sein, dem unbedingten Ziel der Phosphatabsenkung einen vormals ausgewogenen Fischbestand zu opfern?

An dieser Stelle drängen sich Fragen auf: Ist es unabdingbar oder auch nur zu vertreten, bei der Bewertung des Bodensees dem Nährstoffgehalt die Schlüsselfunktion einzuräumen? Kann es richtig sein, dem unbedingten Ziel der Phosphatabsenkung einen vormals ausgewogenen Fischbestand zu opfern?

Vorrang der Biologie
Aus rechtlicher Sicht ist festzustellen: Nach Anhang V Nr. 1.1.2 WRRL sind bei der Einstufung des Gewässerzustands die physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten „in Unterstützung der biologischen Qualitätskomponenten“ heranzuziehen. Ziel der WRRL ist letztlich der gute ökologische Zustand, also eine entsprechende Qualität von Struktur und Funktionsfähigkeit des Oberflächengewässers. Die unterstützende Funktion der physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten wird in Anhang V Nr. 1.2.2 WRRL – Ausführungen zu den Nährstoffverhältnissen in Seen – sehr deutlich. Dort heißt es in den „Allgemeinen Bedingungen“, bei der Umschreibung des grundsätzlich angestrebten guten ökologischen Zustands: „Die Nährstoffkonzentrationen liegen nicht über den Werten, bei denen die Funktionsfähigkeit des Ökosystems und die Einhaltung der oben beschriebenen Werte für die biologischen Qualitätskomponenten gewährleistet sind.“ Ein Phosphatgehalt von 10 bis 12 Mikrogramm pro Liter würde die biologische Qualität sicher nicht beeinträchtigen.

Fehlerhafte Weichenstellung
Klar ist, dass die Einstufung des Bodensees nicht allein oder auch nur vorrangig anhand des Nährstoffgehalts erfolgen kann. Es entspricht auch nicht der WRRL, einen sehr guten Zustand des Sees durch radikale Absenkung des Phosphatgehalts erreichen zu wollen, ohne Rücksicht auf die übergeordneten biologischen Qualitätskomponenten. Nach dem bisherigen Vorgehen wurde und wird diesen Komponenten, insbesondere dem Zustand der Fischfauna, keinerlei eigenständiger Wert zugestanden. Der Fischfauna kommt aber, auch wenn ihr Referenzzustand nicht leicht feststellbar ist, zweifelsfrei ein hoher Eigenwert zu. Dennoch wird der Fischbestand der drastischen Absenkung des Nährstoffgehalts ohne einen Blick auf die Folgewirkungen einfach ausgesetzt. Die naheliegende Frage, bei welchem Phosphatgehalt der Absturz des bislang guten Fischbestands droht, wurde offenbar überhaupt nicht gestellt. Durch die einseitige und nicht hinterfragte Phosphatabsenkung werden somit zentrale biologische Qualitätskomponenten missachtet. Der ökologische Zustand des Bodensees wird trotz des aus limnologischer Sicht sehr guten Zustands entgegen den Zielen der WRRL verschlechtert.

Erweiterter Blickwinkel
Die einseitige und gleichsam dogmatische Reduktion des Phosphatgehalts verletzt noch andere schutzwürdige Belange. Jedem Rechtsakt der EU, auch der WRRL, ist eine durchnummerierte Liste sog. Erwägungsgründe vorangestellt. Sie geben Aufschluss über die Motive der Rechtssetzung und sind authentische Vorgaben für Verständnis und Auslegung des Rechtstextes. Bestimmte Erwägungsgründe der WRRL belegen, dass bei Anwendung dieser Richtlinie auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Gesichtspunkte eine bedeutende Rolle spielen. Die nachfolgenden Hinweise auf einschlägige Ziffern der Erwägungsgründe sind keine wörtliche Wiedergabe.:

  • Punkt 12: Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung wird berücksichtigt.
  • Punkt 13: Es bestehen unterschiedliche Gegebenheiten und Bedürfnisse. Diese Divergenzen müssen bei Planung und Durchführung von Maßnahmen berücksichtigt werden.
  • Punkt 16: Schutz und nachhaltige Bewirtschaftung der Gewässer müssen u.a. in die Fischereipolitik und die Fremdenverkehrspolitik integriert werden.
  • Punkt 23: Zu erhalten und zu verbessern ist auch das Nutzungspotential der Gewässer.

Zusammenfassend ergibt sich: Die Typisierung „Alpensee“ mit der Strategie der unreflektierten Absenkung des Phosphatgehalts greift viel zu kurz und ist deshalb fehlerhaft. Es ist fachlich und rechtlich geboten, das bisherige Vorgehen durch ein wohl überlegtes Phosphatmanagement zu korrigieren . Zur fachgerechten Durchführung hat Erich Staub, ehemals Chef der Sektion Fischerei beim Bundesamt für Umwelt der Schweiz, ein plausibles Modell entwickelt. Nachzulesen in der Thurgauer Zeitung vom 17.12.2015.

FischereiForum Meersburg 2015

Fischereiforum am 17.10.2015 in Meersburg

Rückblick von I. Kramer, LFV Baden-Württemberg

Das Fischereiforum des Landesfischereiverbandes Baden-Württemberg am letzten Samstag war eine gelungene Informationsveranstaltung zum Thema Bodensee und dem Bodenseefisch als Lebensmittel.

Über 110 Personen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz kamen in Meersburg zusammen, um die hochwertigen Fachbeiträge anzuhören und über Probleme und Lösungen zu diskutieren.

Die Themen haben eine Basis für einen gemeinsamen Meinungs- und Ideenaustausch für die Zukunft des Bodensees gegeben.

Das Leben der Menschen am Bodensee ändert sich, insbesondere in der Berufs- und Angelfischerei. Durch die Reduktion der Nährstoffe im See verändern sich das Wachstum der Fische sowie das ökologische Gleichgewicht. Die Referenten haben einen Einblick in diese komplexen Zusammenhänge gegeben und auch mögliche Lösungsansätze und deren Risiken aufgezeigt.

Auch der Kormoran gefährdet den Fischbestand und dessen Zusammensetzung. Die Folgen von Vergrämungsmaßnahmen und Bestandsveränderungen bei Kormoranen auf den Fischbestand wurden von Nikolaus Schotzko exemplarisch für die Fußacher Bucht dargestellt.

Auch die Zukunft der Fischerei wurde hinterfragt. Kritisch aufgezeigt wurden Spannungsfelder in der Fischerei, die durch Gesetzesanpassungen, interne Veränderungen sowie durch unqualifizierte Natur- und Tierschutzorganisationen aufgebaut wurden. Harald Dold ging auf diese Problemfelder ein.

Dr. Peter Wissmath gab in seinem Beitrag einen Einblick in Biologie und Lebensweise der Felchen. Er zeigte die in den Voralpenseen vorkommenden Felchenarten und deren Unterschiede. Gerade das Größenwachstum und die Länge der Felchen hängt von vielen komplexen Faktoren ab. Er wies darauf hin, dass die Fischerei sich an diese geänderten Wachstumsverhältnisse anpassen müsse.

Die hohe Bedeutung des regionalen Bodenseefischs als Lebensmittel ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die lokale Gastronomie. Dies zeigte Klaus Neidhart, bekannter Gastronom und Sternekoch aus Moos in seinem Vortrag. Für ihn ist der Felchen der Brotfisch. Lebensqualität mit Wildfisch aus dem Bodensee ist sein Ziel.

Die Auswirkungen des zurückgehenden Nährstoffgehalts auf den Felchenertrag erklärte Prof. Dr. Reiner Eckmann in seinem Vortrag. Er erläuterte die daraus resultierenden Wechselwirkungen zwischen langsamerem Wachstum, kleinerer Körpergröße und der Bestandsgröße der fischereilich bedeutsamen Fischarten

Der Bodenseefisch ist für den Wirtschaftszweig Tourismus und Gastronomie am Bodensee ein Magnet. Er ist ein hochwertiges, regionales, ökologisches Lebensmittel. Gut erkennbar ist dies auf vielen Werbebroschüren am See, in denen mit dem Bodenseefisch geworben wird. Auch für die Angelfischerei ist der Bodensee ein beliebtes Ziel.

Sorge herrscht über den Fangrückgang und das drohende Verschwinden einer Jahrtausenden alte Berufstradition, der Berufsfischerei.

Damit die Fischerei am Bodensee für Angel- und Berufsfischer wieder eine Zukunftsperspektive bekommt, gibt es zweifelsfrei akuten Forschungs- und Handlungsbedarf. Diese wichtige Aufgabe kann nur gemeinsam von Fischern und Sachverständigen erfüllt werden. Es sind unkonventionelle Ideen gefragt und vielleicht könnte ein kompetentes Gremium unabhängiger Fachpersonen helfen.

Der Bodensee in Bildern


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